14.05.2018
Das Sozialgericht (SG) Fulda hat entschieden, dass ein behinderter Mensch einen Anspruch auf Übernahme der Kosten in voller Höhe für eine ambulante 24-Stunden-Betreuung in der Häuslichkeit im Rahmen des persönlichen Budget haben kann, wenn ihm eine stationäre Versorgung im Einzelfall nicht zuzumuten ist.
persönliches Budget zur Finanzierung einer 24-Stunden-Betreuung
Im entschiedenen Fall bewohnt ein junger Mann mit einem Grad der Behinderung von 100, den Merkzeichen G, aG, H und RF und einem Pflegegrad 5 eine Erdgeschosswohnung in einem kleinen Ort mit rund 500 Einwohnern. Seine Mutter lebt in einer Einliegerwohnung in demselben Haus. Im März 2014 beantragte der Kläger Leistungen in Form der Hilfe zur Pflege und von Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (Eingliederungshilfe) als Persönliches Budget für eine ambulante 24-Stunden-Pflege in Höhe von über 13.000 Euro monatlich. Der beklagte Landkreis bewilligte die beantragten Leistungen allerdings nur in einer Höhe von 4.800 Euro monatlich. Er begründete seine Entscheidung damit, dass eine Unterbringung in der rund 20 km entfernt gelegenen stationären Einrichtung unter Berücksichtigung der persönlichen, familiären und örtlichen Umständen grundsätzlich zumutbar und die ambulante Versorgung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sei.
Das SG Fulda hat jedoch festgestellt, dass die Entscheidung des beklagten Landkreises rechtswidrig war. Nach Auffassung des Gerichts hat der Kläger nach § 13 Abs. 1 SGB XII einen Anspruch auf ein Persönliches Budget für die ambulante 24-Stunden-Pflege in voller Höhe, weil die Versorgung in der stationären Einrichtung für ihn unzumutbar war. Zu berücksichtigen sei insbesondere die sehr intensive Beziehung des Klägers zu seiner Mutter, die im übrigen durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt sei. Ein Umzug hätte erhebliche negative Auswirkungen auf die psychische Stabilität des Klägers nach sich gezogen. Gegen eine stationäre Versorgung spreche nicht zuletzt der Umstand, dass der Kläger im häuslichen Umfeld dauerhaft von vertrauten Personen betreut und versorgt würde, was im stationären Rahmen in der Intensität nicht möglich sei. Ohne ständige Anregungen und „Impulsgaben" würden die in den vergangenen Jahren mit Unterstützung der Mutter erworbenen Fähigkeiten zum Stillstand kommen oder sich gar zurückbilden.
Letztendlich sei es auch Aufgabe der Sozialhilfe, ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen und die Berechtigten so weit wie möglich zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben. Dieses Ziel würde bei einer stationären Leistung nicht erreicht, da sich der gesamte pflegerische Zustand schon wegen der Personalsituation in der Einrichtung voraussichtlich verschlechtern würde.
Sozialgericht Fulda, Entscheidung vom 07.03.2018, S 7 SO 73/16
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des SG Fulda Nr. 1/2018 v. 08.05.2018
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